Auf einen Kaffee mit Sibylle Berg

Auf einen Kaffee mit…

Sibylle Berg

Name: Sibylle Berg
Job: Schriftstellerin, Dramatikerin, Kolumnistin (»Spiegel Online«)
Geboren: 1962
In: Weimar
Dauer des Gesprächs: 58 Minuten. So lange dauerte es, bis Sibylle Berg die ihr per E-Mail gestellten Fragen beantwortete. Die Nachfragen dann 10 Stunden 25 Minuten, bis sie beantwortet waren.
Gerauchte Zigaretten: 0
Aktuelles Buch: »Vielen Dank für das Leben«, Hanser, 2012
Twittername: @SibylleBerg
Homepage: www.sibylleberg.ch
Lesezeit für dieses Gespräch: 9 min
Fragen: Christian Ankowitsch
Foto: Katharina Lütscher
Erschienen: 15. April 2013

Ankowitsch: Was haben Sie eben gemacht?
Berg: Ein Nickerchen. Ich habe heute so kalte Füße.

Jemals Langeweile?
Unbedingt. Besonders wenn Mistwetter ist, ich nicht gerade ein Buch oder Stück schreibe und alle DVDs fertig habe.

Lieblingssport im Fernsehen?
Tiersendungen. Gelten die als Sport?

Lieblingsort in Ihrem Garten?
Ein wunder Punkt: Ich habe keinen Garten. Und mache keinen Sport.

Lieblingsort in der Literatur?
Das weite Feld der exzellent geschriebenen Sachbücher.

Der beste Ort, um zu schreiben, ist?
Im Bett.

Auf dem Cover Ihres Romans »Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot« liegen Sie auf dem Bett und rauchen. Liegen Sie oft auf dem Bett und rauchen? Und wenn ja: wozu?
Seit ca. 20 Jahren nicht mehr. Ich hätte mich, unter uns, damals auch nicht freiwillig für einen Buchtitel inszeniert, zumal ich in den folgenden 78 Jahren ständig die Frage beantworten sollte, warum ich mich eigentlich inszeniere, wobei vermutlich das Verlassen des Hauses gemeint war.

Was hatte die DDR, was die Schweiz nicht hat?
»Haloren«-Kugeln.

Ihr verhasstestes Werk der Weltliteratur?
Ich hasse Bücher nicht. Wenn sie mich nichts angehen, verschenke ich sie an Feinde, oder werfe sie weg.

Warum?
Weil Literatur keinem weh tut. Sie ruft nur ab und an einen Ekel hervor, wie Grass‘ Israel-Gedicht.

Haben Sie eine pädagogische Ader?
Ein kleines bißchen, ja.

Worin äußert sich die am subtilsten?
In meinen Büchern und Stücken. Aber ob das subtil ist? Ich versuche den Lesern eine Heimat zu geben, in meinem Humor und mit meinem Bild guter Menschen.

Ein gutes Argument gegen Selbstmord?
Habe ich keines. Wer sterben will, soll das ohne große Schwierigkeiten tun können. Es steht anderen nicht zu, darüber zu befinden.

Gerne Lesungen vor Publikum?
Nicht besonders. Publikum knuddeln nach Lesungen ist gut, aber auf Bühnen stehen ist das Böse.

Gerne Lesungen ohne Publikum?
Wie bitte? Am liebsten gar keine Lesungen.

Was zeichnet ein gutes Publikum aus?
Daß es lieb ist, lacht, klatscht, jubelt.

Lieblingsstelle aus dem eigenen Werk?
Ich vergesse meist recht schnell, was ich genau geschrieben habe. Ich merke mir meine Sätze nicht. Sie sind ja schon aufgeschrieben, gedruckt und alt.

Bei welchem Feind müßen Sie sich wofür bedanken?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß ich Feinde habe. Ich bin so ein reizender Mensch.

Wo in Ihrer Wohnung steht der Fernsehapparat?
Vor dem Bett

Wo das Festnetz?
Im Flur.

Was ist so toll an Twitter?
Brot und Spiele für Menschen, die nicht in Hackerclubs sind.

Facebook?
Das würde ich auch gern wissen. Ich halte das formalästhetisch kaum aus und verstehe es auch nicht.

Lieblingsschimpfwort?
Arschkrampe.

Das nächste Buch?
Noch keine Ahnung.

Genießen Sie Beunruhigungen?
Überhaupt nicht. Ich vermeide sie, wo es nur geht. Ich suche weder Adrenalinkicks nocht gereizte Nerven, ich hab es sehr gerne langsam und ruhig.

Spaß daran, eigene Fernsehauftritte anzusehen?
Nein. Also, nein, ich tue das nicht.

Nimmt die Abneigung gegen das eigene Werk mit der Zeit zu oder ab?
Ich habe nie eine Abneigung gegen mich oder meine Arbeit gehabt. Warum sollte ich? Sie ist mir eher ein wenig unwichtig. Was zählt, ist immer gerade das, an dem ich arbeite.

Was fehlt?
Ein kleines Lautner-Haus mit Garten und Bulldogge.

»Lautner«?
Herr Lautner, Architekt, bekanntestes, aber nichts schönstes Bauwerk: das »Chemosphäre House« Los Angeles, weitere Perlen »Wolff House« zum Beispiel.

Der Hund hieße wie?
Keine Ahnung, dazu muß man den doch erst einmal sehen, um dann einen Namen mit ihm auszuhandeln.

Warum sollten wir uns duzen?
Weil Siezen unter Menschen, die sich länger kennen, eine alberne Herrenreiter-Attitüde ist.

Das sehe ich anders.
Das merke ich, dieses Siezen scheint Ihnen eine Form längst verlorener Höflichkeit, ein kleines Stück Etikette in unserer verrohten Welt, aber auch eine Erhebung über andere. Ja? Nein?

Da ist etwas dran.
Können Sie machen wie der Dachdecker, gutes Benehmen hängt nicht an einer verstaubten Floskel.

Warum keine Lust, das Gespräch mündlich zu führen?
Ich kann nicht sehr gut reden.

 




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