Legendäre Kaffeehäuser Der sagenhafte Herr Eftimiades und sein »Moka Efti«
Der sagenhafte Herr Eftimiades und sein »Moka Efti«
Thema: Zwei untergegangene Kaffeehäuser in Berlin und ihr Namenspatron, der Kaffeeröster Herr Eftimiades
Ziel der Zeitreise: etwas über 80 Jahre in die Vergangenheit
Einschlägige Publikation: Knud Wolffram: »Tanzdielen und Vergnügungspaläste«, Edition Hentrich, 1995 (2. Auflage)
Autor: Jörg Meyerhoff
Lieblingskaffee des Autors: Die Nummer 2 (»Leopold Bloom«) der Moka Consorten – mit viel geschäumter Milch bzw. schwarz
E-Mail-Adresse: aufdenpunkt@gmail.com
Illustration: Berliner Tageblatt und Handelszeitung, Ausgabe vom Mittwoch, 31. März 1926
Weitere Folgen dieser Serie: Die Größenwahnsinnigen vom Café des Westens
Am Anfang betrieb Herr Giovanni Eftimiades nur ein kleines Ladengeschäft mit Café und Kaffeerösterei in der Leipziger Straße 29 in Berlin Mitte. Der griechischstämmige Kaufmann mit italienischem Pass war in den 1920er-Jahren aus Konstantinopel in die damalige Reichshauptstadt gekommen. Fortan nannte er sich der Einfachheit halber Herr Efti und seine Kaffeebohnen »Moka Efti«.
Als sich ihm 1929 die Gelegenheit bot, das um die Ecke gelegene »Café Zielka Equitable« zu übernehmen, griff Herr Efti zu. Londoner Geldgeber finanzierten den Umbau der 2.800 Quadratmeter im 1. Und 2. Stock eines alten Palais. Ziel war es, ein modernes, großzügiges Kaffeehaus und gleichzeitig ein Stück Orient in der Berliner City entstehen zu lassen. Und das gelang offenbar vorzüglich.
Das »Moka Efti«, wie das Etablissement fortan hieß, begeisterte seine Besucher. Zur Friedrichstraße hin lag eine in weißem Marmor gehaltene Konditorei und eine Café Bar. Maurische Bögen und Wandgemälde mit orientalischen Panoramen schufen etwas Illusion im Stile von tausendundeiner Nacht. Den Gang zwischen dem Ägyptischen Salon und der Kaffeebar hatte der Innenarchitekt als überdimensionierten Schlafwagen gestaltet.
Der Journalist und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer notierte: »Man sitzt hier oben nicht, man reist. ‚Nicht hinauslehnen!’ steht an den Zugfenstern geschrieben, durch die man auf lauter sonnige Ansichtspostkartenlandschaften blickt.« Zur Leipziger Straße lag ein mit Palmen dekorierter Konzertsaal für Tanzveranstaltungen aller Art.
Um mehr Publikum von der Straße in die Beletage zu locken, hatte man eine Rolltreppe von der Friedrichstraße in den 1. Stock gebaut. Es war eine der ersten Rolltreppen Berlins und sie entwickelte sich auf Anhieb zu einer Attraktion. Viele Gäste kamen nur, um mit der Rolltreppe zu fahren. Siegfried Kracauer lästerte: »Eine Rolltreppe, zu deren Funktionen es vermutlich gehört, den leichten Aufstieg in die höheren Schichten zu versinnbildlichen, befördert immer neue Scharen unmittelbar nach dem Orient, den Säulen und Haremsgitter markieren.« An einzelnen Tagen verkaufte das Caféhaus immerhin über 25.000 Tassen Kaffee.
Im 2. Stock gab es Billardräume; soweit so traditionell. Neu und ungewöhnlich war jedoch die Idee, daneben auch einen Frisiersalon und ein Schreibzimmer einzurichten. Die Wochenzeitschrift »Berliner Herold« war sehr angetan über diese Idee: »Die vielen Stadtvertreter und Kaufleute der City sind erlöst, eine Tasse Mokka mit Musik beim Rasieren – das ist endlich mal was Neues. Zeitersparnis, Bequemlichkeit (auch am Sonntag?). Es ist eine Lust, wie der neue Mitinhaber Peter Stüber mit Herrn Efti den Wünschen des Publikums entgegen kommt!« Im »Korrespondenzraum« nebenan saßen mehrere weibliche Schreibkräfte, stets bereit und fähig, auch fremdsprachige Briefe in die Maschine zu tippen.
Nach dem Ausbruch der Weltwirtschaftskrise im Oktober 1929 dauerte es nicht lange, bis das »Moka Efti« in Schwierigkeiten geriet. Die Londoner Finanziers suchten das Weite. Zurück blieb ein Berg Schulden, der das »Efti« Anfang 1930 trotz guter Umsätze in eine erste Gläubigerversammlung trieb. Wie sich die Lage dann entwickelte, ist nicht bekannt. Anfang Januar 1933 übernahm die »Reform Kaffeehaus Gesellschaft« das »Moka Efti«, wandelte es in ein Tanzlokal um, behielt aber den Namen bei.
Giovanni Eftimiades übernahm etwa gleichzeitig ein neues altes Kaffeehaus, das »Café Schottenhaml« am Potsdamer Platz. Er benannte es um in »Moka Efti Tiergarten«, machte es zu einem der bekanntesten Tanzpaläste – aber das ist eine andere Geschichte und soll ein andermal erzählt werden. Nach dem Krieg – so viel sei vorweggenommen – waren von beiden Etablissements nur noch Trümmer übrig.